Bebauungsplan – vorhabenbezogen

Hier eine kleine Betrachtung mit welchen Mitteln die Verwaltung diesen "vorhabenbezogenen Bebauungsplan" begründet...

I. Wohnbedarf der Freilassinger Bevölkerung

Begründet wird das Bauvorhaben seitens der Verwaltung ausdrücklich und sehr allgemein mit einem hohen Bedarf an “zusätzlichen Wohnraum”.

Die Stadtverwaltung begründet also noch nichteinmal in Feigenblattform, dass der am “Leuchtturmprojekt” geplante Bauumfang auch nur ansatzweise Freilassinger Bürgern dienen soll.

Wer sich mit dem Entwurf näher auseinandersetzt, dem fällt auch auf, dass nach dem Plan des Salzburger Investors, ausnahmsweise jedenfalls, auch gewerbliche Beherbergungsbetriebe zulässig sein sollen. Dies dürfte weniger der Deckung der Bedürfnisse Freilassinger Bürgerinnen und Bürgern dienen. 

Masterplan Kernregion Salzburg

Unverkennbar soll hier wohl entsprechend dem rechtlich nicht verbindlichen “Masterplan der Kernregion Salzburg”  im Rahmen des “vorauseilenden Gehorsams” und ohne jegliche Gegenleistung der Wohn- und Freizeitbedarf vorzugsweise der Salzburger Bevölkerung gedeckt werden. 

Bebauung an einem Ort der ausdrücklich dem Integrierten Stadtentwicklungskonzept (ISEK) von 2012 widerspricht

Im ISEK wurde wurde auf Seite 76 f. der sogenannte “Matulusgarten” ausdrücklich NICHT als potentieller Standort für ein neues Wohngebiet ausgewiesen.

Nimmt man das BauGB mit § 1 (6) Nr. 11 dann hätte die Stadtverwaltung das ISEK als von ihr selbst beschlossenes städtebauliches Entwicklungskonzept berücksichtigen müssen.

Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?

Die Stadtverwaltung handelt ganz nach dem Konrad Adenauer zugeschriebenen Zitat: “Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern,…” der der sogenannte Salzburger “Masterplan” stellt im Gegensatz zum ISEK keinerlei Entwicklungskonzept dar, welches nach BauGB ausdrücklich zu berücksichtigen wäre.

Ganz nebenbei werden im diesem Bebauungsplanverfahren auch für Wohnbebauung wesentlich besser geeignete und im ISEK auch dafür festgelegte Flächen “umgangen” bzw. erst gar nicht erwähnt.

Bevölkerungszuwachs von 2 % pro Jahr?

Es ist nicht bekannt, dass es in Freilassing eine Wohnraumanalyse geben würde die wiederum Eingang in ein Gesamtkonzept unter Berücksichtigung aller tatsächlichen oder auch möglichen Wohngebiete gefunden hätte. 

Die im ISEK ausgewiesenen Flächen wären, würde man mit den dortigen Besitzern sprechen, mehr als ausreichend um den unterstellten, aber mit nichts nachgewiesenen “Bedarf” in angemessener wie ausreichender Form zu decken.

Prüfung von Standortalternativen - unzureichende Prüfung sonstiger Planungsalternativen?

Ebenfalls gemäß BauGB ist lt. § 3 (1) die Öffentlichkeit, also wir Bürgerinnen und Bürger von Freilassing, auch über sich unterscheidende Lösungen zu unterrichten. Zu diesen Lösungen gehört lt. BauGB ausdrücklich die “Null-Alternative”, aber auch sonstige Planungsalternativen, die einen Erhalt von Flächen im Interesse des Natur- und Denkmalschutzes ermöglichen würden. 

Im vorliegenden Fall wäre z.B. die Festsetzung eines Erhaltungsgebots nach § 9 (1) Nr. 25 b BauGB, eines Pflanzgebots nach § 9 (1( Nr. 25 a BauGB oder schlicht die Festsetzung “Wald” nach § 9 (1) Nr. 18 b BauGB jederzeit ernsthaft in Erwägung zu ziehen. 

Prüfung von Standortalternativen im Vorentwurf?

Zugunsten des Investors wurde auf jegliche ernsthafte Prüfung von Standortalternativen nach Ziffer 5.1 schlicht verzichtet.

Die dahinterstehende “Methode” ist unübersehbar. Hätte eine ernsthafte Prüfung von Standortalternativen stattgefunden, wäre das Vorhaben schon an diesem Punkt gescheitert.

Außenbereich? Innenbereich?

Entgegen der Behauptungen im Vorentwurf auf Seite 3 darf bzw. muss man bei diesem “Leuchtturmprojekt” sehr wohl davon ausgehen, dass es sich um Außenbereichsflächen handelt. 

Da es keinen Bebauungszusammenhang und auch keinen Ortsteil im Sinne des § 34 (1) BauGB ist das “Leuchtturmprojekt” nach § 35 BauGB dem Außenbereich zuzuordnen.

Ohne näher in juristische Details zu gehen ist festzustellen, dass das “Leuchtturmprojekt” keineswegs eine Teil einer “aufeinanderfolgenden Bebauung” ist welche den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit mit der bereits bestehenden Bebauung vermittelt.

Wie man auch schon kürzlich in Berchtesgaden sehen konnte, bedeutet die von Bebauung umgebene geografische Lage noch lange nicht, dass es sich hierbei auch baurechtlich um Innenbereich handelt. Entsprechende Gerichtsurteile beurteilen Baulücken eben gerade nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben. Es wird anhand der konkreten Gegebeneheiten entschieden. 

Hinzu kommt, dass weder die Wohnnutzung im Norden, Süden und Osten, noch die Krankenhausnutzung im Nordwesten das Planungsgebiet in maßgeblicher eise prägt.

Juristisch kann also hier wohl nicht mehr von einer “Baulücke” ausgegangen werden. 

Die “Annahme einer Baulücke” dürfte allein deshalb in sich zusammenfallen, da das Planungsgebiet in westlicher Richtung eben nicht mehr von zusammenhängender Bebauung umgeben ist. 

Darüber hinaus fehlt es an einem Ortsteil im Sinne des § 34 (1) BauGB, da die dort geforderte, “organische Siedlungsstruktur” nicht erfüllt wird.

ISEK - Mehrfacher Widerspruch...

Der Vorentwurf verkennt, dass die Planung dem vom Stadtrat der Stadt Freilassing 2012 beschlossenen und 2016 ergänzten Entwicklungskonzept (ISEK) in mehrfa­cher Hinsicht widerspricht.

1. Dies beginnt bereits damit, dass, wie oben schon erwähnt, keine einzige der Flä­chen, die das ISEK ausschließlich als Potentialflächen für neue Wohngebiete vor­sieht, als möglicher Alternativstandort erwähnt geschweige denn behandelt wird. Ebenso wird verschwiegen, dass der „Matulusgarten” vom ISEK gerade nicht als geeigneter Standort für eine Wohnbebauung angesehen wird.


2. Kein Wort verliert der Vorentwurf ferner darüber, dass – wie das ISEK ausdrück­lich hervorhebt – der Stadtrat als eines von acht Oberzielen einstimmig beschlos­sen hat, von den neuen Wohnbauflächen vorrangig die zentrumsnahen Gebietsla­gen in der Staufenstraße und am Sonnenfeld zu entwickeln (ISEK, S. 54). Diese beiden Standorte kommen nach dem ISEK an erster Stelle für neue Wohngebiete in Betracht und sind mit Vorrang zu entwickeln, bevor die nördlich ausgewiesenen Siedlungsränder erschlossen werden (ISEK, S. 52).

Dabei gehört der „Matulusgarten” auch nicht etwa zu den vom ISEK als potentielle Wohngebiete ausgewiesenen nördlichen Siedlungsrändern.
Nach dem einstimmigen Stadtratsbeschluss ergibt sich also folgende Reihenfolge für die Planung neuer Wohngebiete:

Zunächst und an erster Stelle sind die zentrumsnahen Gebietslagen in der Stau­fenstraße und am Sonnenfeld zu entwickeln.
Anschließend sind die vom ISEK an den nördlichen Siedlungsrändern ausgewie­senen potentiellen Wohngebiete zu entwickeln.
Der „Matulusgarten” kommt nach dem integrierten Konzept dagegen weder vor­noch nachrangig als Wohnbaufläche in Betracht. Angesichts der vielfachen an­derweitigen Potentiale besteht hierfür auch kein Bedarf.

Mit diesen Vorgaben des ISEK ist die vorliegende Planung nicht vereinbar.

3. Der Vorentwurf verschweigt ferner, dass im ISEK mehrfach auf die im Planungsgebiet vorhandenen „prägenden Einzelbäume” hingewiesen wird (S. 216 f., 222 f., 232 f.). Mit keinem Wort wird erwähnt, geschweige denn berücksichtigt, dass ein erheblicher Teil dieser nach dem ISEK (S. 232) erhaltenswerten Bäume, die das Wohnumfeld bereichern (S. 216), bei Realisierung der vorliegenden Planung völlig beseitigt werden müsste. Auch wird in keiner Weise berücksichtigt, inwiefern wegen der erforderlichen Verkehrssicherheit der beiden Kinderspielplätze wertvolle Biotop­bäume gefällt werden müssen.

4. Ferner wird verkannt, dass nach dem ISEK zur beabsichtigten Wachstumsent­wicklung im Ausgleich ein Verbund ökologischer und landschaftsbezogener Maß­nahmen gehört, um den Naturraum als tragende Grundlage des Lebens zu sichern (ISEK, S. 77), weshalb die Innenentwicklung mit der Entwicklung und Reparatur der Ortsränder im Übergang zur Landschaft zu betreiben ist (ISEK S. 78). Das Pla­nungsgebiet bildet zusammen mit dem Krankenhausgrundstück bereits den Teil ei­nes solchen Ortsrands, der aber – entgegen den Vorgaben des ISEK – nicht „repa­riert und entwickelt”, sondern weiter versiegelt wird.

5. Der Flächennutzungsplan der Stadt Freilassing aus dem Jahren 1976, den der Vorentwurf zugrunde legt, (vgl. S. 6, Abbildung 1 ), ist völlig veraltet. Für die vorlie­gende Planung noch entscheidender ist, dass für Freilassing ein Landschaftsplan, der gemäß Art. 4 Abs. 2 Satz 1 BayNatSchG in den Flächennutzungsplan zu integ­rieren wäre, völlig fehlt. Da dies im Hinblick auf Erfordernisse und Maßnahmen im Sinne des § 9 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG dringend erforderlich wäre, ist die Stadt Freilassing schon seit langem gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG verpflichtet, einen Landschaftsplan aufzustellen. Im Rahmen des ISEK hat der Stadt­rat einstimmig als Oberziel beschlossen, das Flächennutzungs- und Landschafts­planverfahren im Jahr 2012 wieder aufzunehmen (ISEK, S. 54). Bis heute liegt je­doch kein Landschaftsplan vor, obwohl gerade im Hinblick auf die nunmehr geplan­ten erheblichen Eingriffe in Natur und Landschaft im „Matulusgarten” die vorherige Aufstellung eines Landschaftsplans geboten wäre.

Ein eigener Punkt wird zeitnah dem Thema Naturschutz gewidmet!

Ein Gedanke zu „Bebauungsplan – vorhabenbezogen“

  1. Sehr gut kommentiert und begründet ?das der Matulusgarten nicht diesem geplanten Bauprojekt zum Opfer fallen darf. Ich sehe es auch problematisch, dass immer mehr Salzburger, Freilassing als ihre Schlafstadt auserwählen. Danke für eure gute und souveräne Arbeit.?

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